Familienrecht Griechenland

Was umfasst das Familienrecht in Griechenland?

Das Familienrecht in Griechenland regelt die persönlichen und Vermögensbeziehungen zwischen Personen, die durch Ehe oder Verwandtschaft miteinander verbunden sind. Zum griechischen Familienrecht gehören u.a. die Verlobung, die Ehe, die Trennung, die Scheidung, die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, der Unterhalt, der Zugewinnausgleich, die Adoption, die Vormundschaft und der gerichtliche Beistand.

Das Familienrecht in Griechenland ist eng mit anderen Rechtsgebieten verbunden. Denn die Begründung eines familienrechtlichen Verhältnisses und das Entstehen von familienrechtlichen Konflikten in Griechenland haben oft erb- und strafrechtliche Auswirkungen – so wenn es zur Anfechtung der Erbschaftsannahme wegen Übergehung des pflichtteilberechtigten Abkömmlings kommt oder in strafbarer Weise kein Unterhalt bezahlt wird.       

Wo ist das Familienrecht in Griechenland geregelt?

Das Familienrecht ist grundsätzlich im vierten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs in den §§ 1346 bis 1694 geregelt. Das angewandte Verfahren bei familienrechtlichen Rechtsverhältnissen ist zum größten Teil in der Zivilprozessordnung fixiert. Materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Vorschriften des Familienrechts sind weiterhin im Einführungsgesetz zum BGB sowie in verschiedenen Nebengesetzen zum BGB festgelegt. 

Das Familienrecht in Griechenland enthält in der Regel strenge Normen, von denen man nicht abweichen kann, auch wenn alle Parteien zustimmen. Dieses besondere Schutzinteresse des griechischen Gesetzgebers gegenüber der Familie ist auf deren Funktion als Grundstein für den Erhalt und die Förderung der Nation zurückzuführen (Artikel 21 Abs. I der griechischen Verfassung).   

Welche Reformen des Familienrechts in Griechenland hat es bis heute gegeben?

Mit dem Gesetz 1250/1982 wurde die standesamtliche Ehe als eine weitere Art der Eheschließung (neben der bislang geltenden kirchlichen Trauung) eingeführt. Die erste große Reform des griechischen Familienrechts fand aber ein Jahr später durch das Gesetz 1329/1983 statt. Bereits aus dem Titel dieses Gesetzes geht hervor, dass mit der Reform die Modernisierung des Familienrechts bezweckt wurde, wie etwa die Gleichberechtigung von Männern und Frauen und die Gleichsetzung von ehelichen mit den außerehelich geborenen Kindern.

Tiefgreifende Veränderungen gab es weiterhin durch das Gesetz 2447/1996. Diese bezogen sich nicht auf das gesamte Familienrecht, sondern speziell auf die Rechtsinstitute der Adoption, der Vormundschaft, der Pflegschaft, der gerichtlichen Beistandschaft und der gerichtlichen Pflegschaft für fremde Angelegenheiten.       

Durch die Gesetze 3089/2002 und 3305/2005 wurden die Voraussetzungen einer künstlichen Befruchtung formuliert und die dadurch entstehenden Rechtsverhältnisse geregelt. 

Zudem wurde durch das Gesetz 3719/2008 der zivilrechtliche Partnerschaftsvertrag zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts eingeführt, der neuerlich durch das Gesetz 4356/2015 auch auf Paare desselben Geschlechts Anwendung findet.

Wie sieht das Verfahren nach dem griechischen Familienrecht aus? 

1. Das sogenannte „besondere Verfahren“

In den meisten Angelegenheiten des Familienrechts in Griechenland wird das sogenannte „besondere Verfahren“ angewandt. Es handelt sich um ein Verfahren, bei dem eine mündliche Verhandlung vor dem Gericht erster Instanz stattfindet. Die Parteien haben bis zur Gerichtsverhandlung die Möglichkeit, ihre Beweismittel vorzulegen. Ausnahmsweise können Beweismittel auch nach der Verhandlung eingereicht werden, aber nur zur Widerlegung der Argumente, die der Gegner während der Verhandlung vorgetragen hat.

Nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften des Familienrechts in Griechenland muss die Gegenpartei mindestens 30 Tage vor der Verhandlung geladen werden. Befindet sich der Aufenthaltsort der Gegenpartei jedoch im Ausland oder ist dieser unbekannt, beträgt die Ladungsfrist 60 Tage.

Zudem ist es im griechischen Familienrecht verboten, dass die Kinder der Parteien als Zeugen aussagen. Dieses Verbot gilt nicht nur gegenüber ehelichen Kindern; es erstreckt sich auch auf nichteheliche Kinder, auf Adoptivkinder und auf gerichtlich oder notariell anerkannte Kinder. 

2. Das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit

In bestimmten familienrechtlichen Angelegenheiten wird im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit verhandelt. 

Gemeinsames Merkmal der Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist der fehlende Rechtsstreit. Die erhöhte Schutzbedürftigkeit der Person, die die beantragte Maßnahme betrifft, sowie das Schutzinteresse der Allgemeinheit haben den griechischen Gesetzgeber dazu bewogen, dem erkennenden Gericht die Möglichkeit einzuräumen, von Amts wegen die Wahrheit der Tatsachen zu ermitteln. Dies geschieht deshalb, um zu entscheiden, ob bzw. welche Maßnahme ergriffen werden soll. Aus denselben Erwägungen kann sich auch der Staatsanwalt an der Verhandlung beteiligen.  

3. Das Eilverfahren

In dringenden Fällen und in Fällen einer bevorstehenden Gefahr kann ein Eilverfahren zur Gewährleistung oder zur Aufrechterhaltung eines Rechts oder eines Zustandes eingeleitet werden. 

Die Eröffnung eines solchen Eilverfahrens wird auch vom griechischen Familienrecht vorgesehen und dient dem vorläufigen Rechtsschutz. In Griechenland ist es beispielsweise bei einer Trennung oder Scheidung sehr üblich, dass die Parteien bestimmte Fragen, wie etwa die Personensorge, das Umgangsrecht oder die Unterhaltsansprüche, schnell, wenn auch nur vorläufig, geregelt haben möchten, bevor sie die Klage für ein endgültiges Urteil einreichen.   

Zudem kann im Rahmen eines Eilverfahrens in Griechenland der Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt werden. 

Wird die Mediation im griechischen Familienrecht vorgesehen?

Griechenland hat das Gesetz 3898/2010 zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen erlassen. Unter den Anwendungsbereich des vorgenannten Gesetzes über die Mediation fallen privatrechtliche Streitigkeiten, zu denen auch die familienrechtlichen Streitigkeiten gehören. 

Kommt es in familienrechtlichen Konflikten zur Streitbeilegung durch den Mediator, kann die getroffene Vereinbarung der Parteien in einem Protokoll aufgenommen werden, wenn mindestens eine Partei dies verlangt. Das Protokoll wird vom Mediator bei der Geschäftsstelle des Gerichts seines Amtsbezirks eingereicht und ab diesem Zeitpunkt als vollstreckbar erklärt, sofern in der Vereinbarung vollstreckbare Forderungen enthalten sind.

Stand Mai 2017. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben kann keine Haftung übernommen werden.