Internationale Kindesentführung

Wann liegt eine internationale Kindesentführung vor?

Kinder unterliegen meistens dem Sorgerecht eines oder beider Elternteile. Lebt das minderjährige Kind in Griechenland und entscheidet sich das eine Elternteil, nach Deutschland oder in ein anderes Land umzuziehen und dabei das Kind mitzunehmen, um dort ein neues Leben zu beginnen, wird von internationaler Kindesentführung gesprochen. Dies gilt, wenn das zurückgebliebene Elternteil:

  • das alleinige Sorgerecht hatte oder
  • das gemeinsame Sorgerecht tatsächlich ausübte und seine Zustimmung dafür nicht gegeben hat oder wenn keine gerichtliche oder außergerichtliche Regelung der Personensorge bzw. des Sorgerechts in Griechenland getroffen wurde.

Die internationale Kindesentführung setzt also ein widerrechtliches Verbringen oder Zurückhalten des Kindes in einem anderen Land unter Verletzung des Sorgerechts bzw. des Mitsorgerechts voraus. Dabei kann sich das Sorgerecht auf ein Urteil, auf das Gesetz oder auf eine nach griechischem Recht verbindliche Vereinbarung stützen. 

Was kann man gegen eine internationale Kindesentführung tun? 

Bei einer internationalen Kindesentführung ist ein Antrag auf eine unverzügliche Rückführung des Kindes nach dem Haager Übereinkommen (HKÜ) vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen zu stellen – und zwar wenn die Entführung in einem Vertragsstaat des HKÜ stattgefunden und das Kind sein 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. 

Deutschland und Griechenland sind seit 1990 bzw. 1993 Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens von 1980. Für EU-Mitgliedsstaaten gilt zudem seit dem 1. März 2005 die Brüssel II a-Verordnung, welche das HKÜ ergänzt und im Kollisionsfall Vorrang hat.

Der Rückführungsantrag kann innerhalb eines Jahres nach dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten bei folgenden Stellen gestellt werden:

  • bei der zuständigen zentralen Behörde des Vertragsstaates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort unmittelbar vor seiner Entführung hatte;
  • bei der zuständigen zentralen Behörde des Zufluchtsstaates; oder
  • direkt an das zuständige Gericht des Zufluchtsstaates.

Die zuständige zentrale Behörde für einen Rückführungsantrag in Deutschland ist das Bundesamt für Justiz in Bonn und in Griechenland das Justizministerium in Athen.

Welches Ziel wird im Rahmen des Haager Übereinkommens von 1980 verfolgt?

Das HKÜ von 1980 gewährleistet zum einen die Rückgabe des Kindes, das in einen anderen Vertragsstaat widerrechtlich verbracht wurde oder dort zurückgehalten wird. Zum anderen sichert es, dass das Sorge- und Umgangsrecht, das in einem anderen Vertragsstaat gilt, seitens eines Vertragsstaates beachtet wird.

Eine Entscheidung über die Rückgabe eines Kindes nach dem HKÜ von 1980 berührt keineswegs das Sorgerecht und ist nicht als eine Sorgerechtsentscheidung anzusehen.  

Zur Verwirklichung der vorgenannten Zwecke ist die Einleitung eines schnellstmöglichen Rückführungsverfahrens vorgesehen. In Griechenland werden solche Angelegenheiten im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens behandelt. 

Die Entscheidung nach dem HKÜ von 1980 muss innerhalb von sechs Wochen ergehen. Andernfalls hat der Interessent das Recht, nach dem Grund der Verzögerung zu fragen.      

Wann kann die Rückgabe eines Kindes verweigert werden?

Eine Rückgabe kann aus den im Artikel 13 des HKÜ von 1980 genannten Gründen ausgeschlossen werden, nämlich wenn:

  1. das Sorgerecht von dem zurückgebliebenen Elternteil nicht tatsächlich ausgeübt wurde;
  2. das zurückgelassene Elternteil dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt bzw. es nachträglich genehmigt hat;
  3. die Rückgabe bei dem Kind einen schwerwiegenden körperlichen oder seelischen Schaden herbeiführen kann;
  4. sich das Kind der Rückgabe widersetzt und sein Alter und seine Reife diese Meinungsäußerung erlauben.

Insbesondere für den dritten Ausschließungsgrund sieht Artikel 11 Abs. 4 der Brüssel II a-Verordnung bei Kindesentführungen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten vor, dass die Rückgabe nicht verweigert werden darf, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz des Kindes getroffen wurden. 

Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben kann keine Haftung übernommen werden.