Sorgerecht und Ausland

In Griechenland kommt es immer häufiger zu Problemen bei der Ausübung des Sorgerechts, wenn etwa ein Elternteil mit dem Kind ins Ausland (z.B. Deutschland) ziehen möchte und das andere Elternteil nicht folgt oder wenn die Eltern unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben und die Ehe bzw. die Beziehung in Griechenland oder im Ausland scheitert. Solche Fälle des Sorgerechts mit Bezug zum Ausland, die namentlich Zuständigkeitsfragen berühren, bedürfen einer länderübergreifenden Regelung. 

Es wird darauf hingewiesen, dass die nachfolgenden Ausführungen lediglich Angelegenheiten betreffen, die sich auf den Geltungsbereich der EU-Länder beziehen.   

Wo wird das Sorgerecht bei Fällen mit Auslandsbezug geregelt?

Für die Klärung der Zuständigkeit für Sorgerechtsentscheidungen zwischen den Mitgliedsstaaten der EU (außer Dänemark) gilt die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (sogenannte „Brüssel II a-Verordnung"). 

Die vorgenannte Verordnung gilt in vollem Umfang ab dem 1. März 2005.  

Wie wird das Sorgerecht in den internationalen Rechtsvorschriften bestimmt?

Die Brüssel II a-Verordnung wird u.a. in Fällen des Sorge- und Umgangsrechts angewandt, die unter den Gesamtbegriff der „elterlichen Verantwortung“ fallen.

Als „Sorgerecht“ sind die Rechte und Pflichten zu verstehen, die sich auf die Personensorge und besonders auf das Recht beziehen, den Aufenthaltsort eines Kindes zu bestimmen. 

Das „Umgangsrecht“ betrifft u.a. das Recht, das Kind für einen bestimmten Zeitraum an einen anderen Ort als den gewöhnlichen Aufenthaltsort (z.B. vom Ausland, wo es mit der Mutter lebt, nach Griechenland, wo der Vater lebt) zu bringen.

Welches Gericht ist in Sorgerechtsstreitigkeiten mit Bezug zum Ausland zuständig?

Im Allgemeinen sind für Entscheidungen über die elterliche Verantwortung die Gerichte des Mitgliedsstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 

Von dieser Grundregelung gibt es jedoch folgende Abweichungen: 

1) Die vorgenannte Grundvorschrift tritt zurück, wenn ein rechtmäßiger Umzug eines Kindes von einem Mitgliedsstaat in einen anderen stattfindet und das Kind in dem neuen Mitgliedsstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.

In diesem Fall und nur für den Zeitraum von drei Monaten nach dem Umzug des Kindes sind die Gerichte seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltsortes zuständig, ein vor dem Umzug erlassenes Urteil über das Umgangsrecht zu ändern. Die Voraussetzung ist:

  • dass sich der gewöhnliche Aufenthaltsort des umgangsberechtigten Elternteils weiterhin in dem Mitgliedsstaat des früheren gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes befindet und
  • dass sich der umgangsberechtigte Elternteil an Verfahren vor den Gerichten des neuen gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Kindes ohne Anfechtung der Zuständigkeit beteiligt hat. 

2) Die Gerichte des früheren gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes bleiben, unter bestimmten Voraussetzungen, auch in Fällen von Kindesentführungen zuständig. Da dieses Thema aufgrund seiner Komplexität gesondert dargestellt wird, verweisen wir gerne auf die Ausführungen an der entsprechenden Stelle unserer Internetseite.  

3) Wenn ein Antrag auf Regelung der elterlichen Sorge mit einem Antrag auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigkeitserklärung einer Ehe verbunden ist, fällt auch dieser unter die Zuständigkeit des Gerichts des Mitgliedsstaats, das für die Ehesache zuständig ist. Voraussetzung dafür ist, 

  • dass die elterliche Verantwortung zumindest bei einem Ehegatten liegt,
  • dass die Ehegatten die Zuständigkeit des Gerichts anerkannt haben und
  • dass dies dem Kindeswohl dient.  

4) Ein Gericht eines Mitgliedsstaats ist zuständig, wenn ein Kind an diesen Mitgliedsstaat wesentlich gebunden ist und die Verfahrensparteien die Zuständigkeit des Gerichts zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts eindeutig, wenn nicht sogar ausdrücklich anerkannt haben und dies dem Kindeswohl dient.  

Welche Gerichte sind in dringenden Fällen des Sorgerechts mit Auslandsbezug zuständig?

Von wesentlicher Bedeutung ist Artikel 20 der Brüssel II a-Verordnung, wonach bei Angelegenheiten der elterlichen Sorge, die einer dringenden Klärung bedürfen, die Gerichte eines Mitgliedsstaats zuständig sind, einstweilige Maßnahmen gegenüber in diesem Staat befindliche Personen oder Vermögensgegenstände anzuordnen, auch wenn sie für die Hauptsache nicht zuständig sind. 

Die auf diese Weise getroffenen einstweiligen Maßnahmen gelten solange, bis das Gericht des Mitgliedsstaats, das für die Hauptsache zuständig ist, die erforderlichen Maßnahmen anordnet. 

Welches Recht ist bei Zuständigkeit eines griechischen Gerichts anwendbar, wenn über Kindschaftssachen mit Auslandsbezug verhandelt wird? 

Gemäß § 18 des griechischen Bürgerlichen Gesetzbuches ist in Angelegenheiten zwischen Eltern und ehelichem Kind das Recht a) der letzten gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eltern und des Kindes, b) des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsorts der Eltern und des Kindes und c) der Staatsangehörigkeit des Kindes anwendbar. 

Das anwendbare Recht bei ehelosen Kindern ist in drei Vorschriften geregelt.

So wird in § 19 des griechischen BGB vorgesehen, dass die Beziehungen zwischen Mutter und unehelichem Kind vom Recht a) der letzten gemeinsamen Staatsangehörigkeit, b) des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsorts, c) der Staatsangehörigkeit der Mutter geregelt werden. 

Die Frage des anwendbaren Rechts bei Angelegenheiten zwischen Vater und unehelichem Kind wird in § 20 des griechischen BGB geklärt, wonach das Recht a) der letzten gemeinsamen Staatsangehörigkeit, b) des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsorts, c) der Staatsangehörigkeit des Vaters zur Anwendung kommt. 

Schließlich wird in § 21 des griechischen Bürgerlichen Gesetzbuches vorgesehen, dass für die Regelung der Angelegenheiten zwischen der Mutter und dem Vater des unehelichen Kindes das Recht der letzten – während der Schwangerschaft– gemeinsamen Staatsangehörigkeit, des gewöhnlichen Aufenthaltsorts oder des einfachen Aufenthalts zur Anwendung kommt.  

Das griechische internationale Privatrecht weist darauf hin, dass bei doppelter Staatsbürgerschaft, unter der sich die griechische befindet, das griechische Recht als das „Recht der Staatsangehörigkeit“ gilt.  

Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben kann keine Haftung übernommen werden.