Am 13. Juni 2002 hat der Europarat den Rahmenbeschluss 2002/584/JI über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten erlassen. Griechenland ist diesem Rahmenbeschluss mit dem Gesetz 3251/2004 nachgekommen.
Was ist aber ein Europäischer Haftbefehl?
Bei dem Europäischen Haftbefehl handelt es sich um eine gerichtliche Entscheidung, die in einem Mitgliedsstaat ergangen ist und die Festnahme und Übergabe einer gesuchten Person durch einen anderen Mitgliedsstaat zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung bezweckt.
Die Mitgliedsstaaten vollstrecken jeden Europäischen Haftbefehl nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen. Niemand sollte aber an einen Staat ausgeliefert werden, in dem die ernsthafte Gefahr der Todesstrafe oder der Folter besteht.
Erlass des Europäischen Haftbefehls
Ein Europäischer Haftbefehl kann zum Zwecke der Strafverfolgung erlassen werden, wenn die Straftat der gesuchten Person nach den griechischen Vorschriften mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht wird.
Für den Erlass des Europäischen Haftbefehls zum Zwecke der Vollstreckung, muss es sich jedoch um eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Sicherung handeln, deren Maß mindestens vier Monate beträgt.
Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls
Die Voraussetzungen für die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls hängen mit dem Zweck seines Erlasses oder mit bestimmten Straftaten zusammen. Es wird somit nach folgenden Fällen unterschieden:
Wenn die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls der Strafverfolgung dient, muss es sich um eine Tat handeln, die nach den griechischen Gesetzen strafbar ist und nach den Gesetzen des Ausstellungsmitgliedsstaates mit einer Freiheitsstrafe oder einer Maßregel der Sicherung, deren Maß mindestens 12 Monate beträgt, bedroht wird (sog. Vorliegen der beiderseitigen Strafbarkeit).
Ist die gesuchte Person bereits im Ausstellungsmitgliedsstaat verurteilt worden, muss die Tat nach den griechischen Gesetzen strafbar sein und bereits im Ausstellungsmitgliedsstaat eine Freiheitsstrafe oder eine Maßregel der Sicherung von mindestens vier Monaten verhängt worden sein (sog. Vorliegen der beiderseitigen Strafbarkeit).
Alleinige Voraussetzung für die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls im Fall eins der 32 Straftaten des Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI (z.B. Terrorismus, illegaler Handel mit Waffen, Korruption, Betrugsdelikte etc.) ist es, dass sie im Ausstellungsmitgliedsstaat mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht werden.
Das Urteil über die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls ergeht innerhalb von 10 Tagen, wenn die gesuchte Person ihre Zustimmung abgibt, ansonsten innerhalb von 60 Tagen nach der Festnahme. In letzterem Fall kann die gesuchte Person oder der Staatsanwalt gegen die Vollstreckung widersprechen und Berufung innerhalb von 24 Stunden nach der Veröffentlichung der Entscheidung einlegen. Über die Berufung entscheidet der Areopag, also das Revisionsgericht, das seinen Sitz in Athen hat, innerhalb von acht Tagen.